Vertiefung: Metropolorientierte Interessenlagen

Analytisch wird das Konzept der Metropolregionen in den genannten Leitfunktionen über Indikatoren operationalisiert (s. u.) und in verschiedenen Verwertungszusammenhängen eingesetzt. So z.B. für das Ranking von Metropolen, das als imagewirksames Instrument eingeschätzt und eingesetzt wird oder für das Monitoring, d.h. die Prozesskontrolle der Zielerreichung (vgl. Ruhr2030 Index: Initiativkreis Ruhr 2008) oder zur vergleichenden Stärken-Schwächen-Potenzial-Analyse der Wettbewerbsfähigkeit.

In normativer Mission geht das Konzept nicht von einer empirischen oder imagebildenden, sondern von einer visionären Perspektive aus: Gegenstand sind nicht bestehende Metropolen, sondern erst noch zu schaffende: Es geht um ein Leitbild, z.B. um eine von Wissensökonomie und Innovation geprägte Region der Zukunft. Öffentlichkeitsarbeit, innerregionales Überzeugungs- und Konsensbildungs-Management und die leitbildorientierte, perspektivische Bündelung von geplanten Entwicklungsimpulsen stehen im Vordergrund politischen Handelns.

"Eine Stadtregion wird noch nicht dadurch zur Metropolregion, dass sie sich selbst dazu erklärt (oder von der Raumordnungspolitik dazu erklärt wird)." (Blotevogel zit. nach Schmitt 2007, S. 19) Es darf nicht vergessen werden, dass empirisch-analytische, planungs- / handlungsorientiert-synthetische und visionär-leitbildbezogene Verwertungszusammenhänge des Konzeptes eng aufeinander bezogen sind und einander voraussetzen. Es muss aber vor allem in vielen kleinen Schritten und in langem, generationsübergreifendem Zeithorizont umgesetzt werden.

Neben der empirisch-analytischen Interessenslage an einer Forschung über Metropolregionen und einer politisch normativen, als Leitbild dienenden Funktion, sind weitere regionalpolitische Leistungserwartungen bei einer auf Metropolregionen orientierten Zielsetzung erkennbar: Es geht auch um regionale Eigeninteressen, z.B. um die Bildung oder Stärkung wettbewerbsfähiger, arbeitsteiliger Netze und Allianzen, um Vermarktung und Einzelstellung sowie Imagefaktoren, um die Mobilisierung von Standortfaktoren als "Katalysatoren der Wissensökonomie", schließlich um möglicherweise akquirierbare EU-Fördermittel.
Metropol-orientierte Interessenslagen
Metropol-orientierte Interessenslagen
Autorenteam
Im Verwendungszusammenhang politisch normativer Verwendung, wie sie für die Metropole Ruhr gegeben vorliegt, sollten Metropole und Metropolregion weiter gefasst werden und ein vielfältiges gesellschaftliches Merkmalsspektrum an Stelle eines dominant auf ökonomische Leistungsfähigkeit abstellenden Definitionsinteresses beinhalten.

Metropolen / Metropolregionen wären zusätzlich zu messen
(a) an Indikatoren der Kultur- und Wirtschaftsfunktionen, Sozial- und Symbolfunktionen: ausdifferenzierte Vielfalt der Lebensstile und Arbeitsmärkte, Kreativität und Innovationskraft, Lohnwert, Wohnwert und Freizeitwert.
(b) an der internationalen, globalen Reichweite und Ausstrahlung dieser Qualitätsmerkmale

So verstandene Metropolen entfalteten ihrerseits mit ihren Ressourcen des symbolischen, sozialen und (!) ökonomischen "Kapitals", z.B. hoch qualifizierter Arbeitskräfte, dichter Forschungs- und Wissensinfrastruktur sowie attraktiver Lebensqualität und eines positiven Images, eine sich selbst verstärkende Sogwirkung. Sie werden so zu Motoren der Wirtschafts- und (!) Gesellschaftsentwicklung. Nicht zuletzt der "multikulturelle" Mix verschiedener Ethnien und Soziokulturen, Qualifikationen, Lebensstile und "Szenen" schafft wichtige Voraussetzungen für Kreativität, neuartiges Wissen und Innovation, also für Ressourcen der immer bedeutsameren interregionalen Wettbewerbs- und Wachstumsfähigkeit.

Der erweiterte Bauplan von "Metropole" erscheint zweckmäßig mit Blick auf den Verwertungszusammenhang einer noch zu schaffenden "Metropole Ruhr", die auf die untrennbare Integration von ökonomischer, kultureller, sozialer, ökologischer und institutioneller Leistungsfähigkeit abstellt.

Quellen:

IR / Initiativkreis Ruhr (Hrsg.) (2008): Ruhrindex2030. http://www.i-r.de/Internet/DE/Projekte/Ruhrindex/ (Im Internet leider nicht mehr verfügbar!)

Schmitt, P. (2007): Raumpolitische Diskurse um Metropolregionen. Eine Spurensuche im Verdichtungsraum Rhein-Ruhr. Dortmund: Rohn. (= Metropolis und Region, Band 1; Stadt- und Regionalwissenschaftliches Forschungsnetzwerk Ruhr / SURF).