Vertiefung: Fußball und regionale Identität

"Im Revier ist Fußball ein wahrer Volkssport. Volkssport meint, dass man mit dem Ball auf dem Fuß groß wird, aber auch, dass man die Spiele im Stadion aufmerksam verfolgt und in Expertengesprächen am Tresen tiefgreifend analysiert. Der Erfolg der Reviervereine ist nicht zuletzt auf die leidenschaftliche Unterstützung der Anhänger zurückzuführen" (Internet 1).
Der Gelsenkirchener Fußballverein Schalke 04 gehört seit langer Zeit zu den Ikonen des Ruhrgebietes und hat Kohle und Stahl der Stadt überlebt.
Fußball war bereits im vom Arbeitermilieu geprägten Ruhrgebiet Teil des Lebensgefühls und der Alltagskultur. Die Geschichte des Fußballs geht Hand in Hand mit der industriellen Entwicklung, die das Ruhrgebiet zum größten Industriezentrum und Ballungsgebiet in Europa machte. Der Fußball kam durch britische Industriearbeiter, die im Ruhrgebiet arbeiteten, nach Deutschland. Die ersten Arbeitersportvereine entstanden Ende des 19. Jahrhunderts und waren ein soziales Ventil. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der Fußball zum soziokulturellen Bezugsfeld und zum Ausdruck der Arbeiterkultur schlechthin. Dem Niedergang der Montanindustrie im Ruhrgebiet seit den 1970er Jahren folgte ein Aufschwung der Freizeitindustrie mit vielfältigen kulturellen Angeboten und einer Kommerzialisierung des Fußballs. Das Spiel Fußball wurde immer mehr zu einem Sportindustrie- und Dienstleistungszweig, von dem eine Stärkung der regionalkulturellen Identität erwartet wird (Internet 4).
Eine Untersuchung zum Zusammenhang von Fußball und regionaler Identität stellt die Frage, ob sich die europäischen Triumphe von Schalke 04 und Borussia Dortmund im Jahr 1997 fördernd bzw. eher hinderlich auf die Bildung einer neuen Identität im Ruhrgebiet auswirkten. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass auf der Ebene der Lebenswelt die regionale Identität deutlich gestärkt worden war. Die europaweiten Erfolge feierte man als Triumphe der gesamten Region. Jedoch transportierten die Medien ein Bild des Ruhrgebietes, das für Außenstehende als Bestätigung aller herrschenden Vorurteile wirken musste: Die Arbeiterschaft des Ruhrpotts feierte seinen Erfolg, da es ja sonst nichts vom Leben im Revier hatte. Doch was zunächst als Negativ-Image erschien, wurde nun aus der Defensive geholt und in Form einer neuen Imagekampagne des RVR unter dem Titel "Der Pott kocht" vermarktet. Das Ruhrgebiet hat sich so seinem Klischee gestellt und es zu seinen Gunsten gewendet. Ohne Zweifel beginnt die Region, eine neue Art des Selbstbewusstseins zu entwickeln (Kisters, 2000).
Informationen zum Fußball im Ruhrgebiet erhalten Sie u.a. auch beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) (o.J.): Westfalen regional. http://www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Bildung_Kultur/Fussball/ (zuletzt aufgerufen am: 24.02.2009).