Vertiefung: Metropolregionen - Global Cities - World Cities

"Alle Städte bzw. Stadtregionen globalisieren sich. Sie sind aber unterschiedlich in das globale Städtesystem eingebunden. Während die demographische Tradition der Stadtforschung auf die Einwohnerzahl und -dichte von Mega Cities abhebt, fragt die funktionale Tradition nach der Rolle von World Cities, Global Cities oder Metropolregionen in der Weltökonomie. Mit dem Ziel, Städte und Stadtregionen anhand ihrer ökonomischen und geopolitischen Einflussmöglichkeiten zu vergleichen und eine Hierarchie aufzustellen, werden - World Cities als Kontrollzentren des weltweiten Kapitalflusses erfasst, - Metropolregionen anhand eines Bündels metropolitaner Funktionen und - Global Cities oder Global City-Regions als Steuerungszentren und Standorte der Produktion und Vermarktung unternehmensorientierter wissensintensiver Dienstleistungen beschrieben sowie - die Verflechtungen wissensintensiver Dienstleistungen als Indikator für die Analyse der Position einer Stadt im World City-Netzwerk herangezogen." (Positionspapier der ARL 2007, S. 3)

Das Konzept der "Megalopole" folgt der Beobachtung eines zunehmenden Zusammenwachsens großer Metropolregionen, so z.B. im Korridor Boston, New York, Wahsington ("Bos-Wash").

Das Konzept der "Megacity" beruht dagegen auf strukturellen, u. a. auf Größe bezogenen Argumenten: Schwellen ab 5 oder 10 Mio. EW werden diskutiert, turbulente Wachstumsdynamik und mangelhafte Problemlösungsstrategien stehen im Vordergrund des Konzepts, das in Erfahrungen aus Entwicklungsländern wurzelt (u. a. Bombay). (Bronger 1996)

"Als Global City (deutsch etwa Globalstadt) werden Städte bezeichnet, die im Zentrum eines neuartigen, transnationalen Städtesystems stehen. In ihnen sind die wichtigsten Finanzmärkte, Zentralen von Banken und Transnationalen Konzernen sowie unternehmensnahe Dienstleistungen wie Rechts-, Finanz- und Unternehmensberater, Werbeagenturen, Buchführungs- und Prüfungsfirmen konzentriert." Der Begriff wurde in den 1990er Jahren von der Stadtsoziologin Saskia Sassen geprägt.

Ökonomische Voraussetzungen

Voraussetzung für die Entstehung eines transnationalen Städtesystems ist die Globalisierung der Weltwirtschaft v. a. seit den 1980er Jahren. Diese zeichnet sich aus durch die massive Zunahme von ausländischen Direktinvestitionen, die v. a. in Industrieländern flossen, aber auch bei Entwicklungsländern zunahmen. Seit dieser Zeit nahm auch das Gewicht von transnationalen Konzernen zu und die Industrieproduktion wurde mehr und mehr nach Rentabilitätsgesichtspunkten auf der gesamten Welt verteilt. Insbesondere personalintensive Industrien wurden in freie Produktionszonen in Entwicklungsländern ausgelagert, wo die Löhne sehr niedrig sind. Zugleich wurden weltweit die Finanzmärkte dereguliert und neue Finanzierungsinstrumente wie Derivate entwickelt.

Merkmale

In Global Cities konzentrieren sich nun die Steuerungsfunktionen der inzwischen weltweit stark zersplitterten Industrieproduktion sowie die Finanzdienstleistungen. Dies wurde erst durch die Entwicklung neuer Informationstechnologien wie dem Internet möglich. Denn jetzt kann mit einen verhältnismäßig geringen Aufwand die Produktion auch an entfernten Standorten überwacht und die Produktivität von Ländern, Standorten und Firmen weltweit verglichen werden.

Die Herausbildung globaler Finanz- und Dienstleistungszentren schuf einen erweiterten Bedarf an unternehmensorientierten Dienstleistungen, die in großer räumlicher Nähe zueinander angesiedelt sind. Neben den oben genannten hochwertigen Dienstleistungen steigt aber auch der Bedarf an einfachen Dienstleistungen von Reinigungskräften, Kurieren, Sicherheitsleuten sowie hochwertigen Kultur- und Erholungseinrichtungen für die im Allgemeinen hoch bezahlten Spezialisten. Dies führt dazu, dass Global Cities seit den 90er Jahren das Ziel von transnationaler Migration wurden und sich dort häufig Migrantencommunities entwickelten.

Das transnationale Städtesystem

Global Cities stehen im Zentrum des sich herausbildenden transnationalen Städtesystems. Sie beziehen sich stärker aufeinander, als auf ihr unmittelbares Umfeld, von dem sie sich tendenziell entkoppeln. So ist beispielsweise die Entwicklung der Bodenpreise in den Dienstleistungsdistrikten dieser Städte nur in Relation zu den Bodenpreisen anderer Global Cities verständlich und hat weniger mit dem nationalen Preisniveau zu tun. Als Beispiele für eine Global City werden New York, Tokio, London oder Paris genannt. In Deutschland fällt Frankfurt am Main in die Kategorie der Global Cities, trotz seiner relativ geringen Einwohnerzahl von unter 700.000. Noch kleiner ist mit rund 370.000 Einwohnern (ohne Agglomeration) Zürich in der Schweiz, das aber wegen seiner Bedeutung als Finanzzentrum ebenfalls zu den Global Cities gezählt wird.

Viele Städte, die bisher eine hervorragende Position im jeweiligen nationalen Städtesystem innegehabt haben, verlieren dagegen massiv an Bedeutung. Dies gilt zunächst für die großen Industriereviere wie das Ruhrgebiet, einige Hafenstädte wie Marseille oder Neapel und viele Millionenstädte der Entwicklungsländer, die aber zum großen Teil aus Slums bestehen wie Lagos. Andererseits konnten sich Städte wie Singapur, Hong-Kong, Seoul und Manila zu Subzentren der Global Cities entwickeln, weil sie sich auf die unmittelbare Steuerung transnationaler Produktionsnetzwerke spezialisiert haben.

Der Begriff Weltstadt wird häufig synonym für Global City genutzt; es gibt allerdings einen Unterschied zwischen diesen: die Weltstadt ist ein traditionell politisch-kulturelles Zentrum von weltweiter Bedeutung. Die Global City ist als globales wirtschaftliches Zentrum zu verstehen. Beide Stadttypen schließen sich nicht gegenseitig aus. Sie gehen im Gegenteil sehr oft Hand in Hand.

Quellen

ARL-Positionspapier (Nr. 69, 2007): Gleichwertige Lebensverhältnisse: eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe neu interpretieren. Positionspapier aus dem Ad-hoc-Arbeitskreis "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" der ARL, Nr. 69.

Bronger, D. (1996): Megacities. In: Geographische Rundschau 48.Jg, Heft 2.

Candeias, Mario: Neoliberalismus, Hochtechnologie, Hegemonie, Berlin 2004, Argument, ISBN 3-88619-299-7.

Sassen, Saskia: Metropolen des Weltmarktes, Frankfurt am Main / New York 1996, Campus, ISBN 3-593-35459-4. Scharenberg, Albert (Hg.): Berlin: Global City oder Konkursmasse? Eine Zwischenbilanz zehn Jahre nach dem Mauerfall, Berlin 2000, ISBN 978-3-320-02012-5.

Links

Columbia University: Lehrstuhl von Saskia Sassen
http://de.wikipedia.org/wiki/Global_City (zuletzt aufgerufen am 28.01.2009)

Korber. T. (2001): Globalisierung, Regionalisierung und die EU. Universität Eichstätt: Lehrstuhl Wirtschaftsgeographie.
http://www.korbernet.de/docs/globalisierung/globalisierung.html (zuletzt aufgerufen am 28.01.2009)