1. Nachkriegszeit

Wie lässt sich die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg im Hinblick auf die Stadtentwicklung kennzeichnen? Ein exemplarischer Blick auf die Stadt Dortmund gibt darüber vielleicht am besten Aufschluss (Günter 1994). Im Jahre 1947 erfolgte vom Stadtrat der Beschluss, das gesamte Stadtgebiet neu zu ordnen und dabei für eine bauliche Auflockerung sowie Sanierung zu sorgen. Ein Wiederaufbau oder auch eine Rekonstruktion zerstörter Architektur kam nicht in Frage. Dabei sollte auch ein neues Straßennetz, das durch den Nord-Süd-Verlauf quer durch die Altstadt geprägt war, geschaffen werden. Zudem wurden 1.800 Grundstücke zu 800 zusammengelegt. Die Skizze mag diese Entwicklung zu verdeutlichen.
Vervielfachung des Flächenverbrauchs für Straßen vor und nach 1945 in Dortmund
Quelle: Günter 1994, S. 239
Die historische Bausubstanz fiel in großem Maße dem Bau von Verkehrsinfrastrukturen zum Opfer, obwohl es zu dieser Zeit keinen motorisierten (Individual-)Verkehr gab, der mit dem heutigen Verkehrsaufkommen auch nur annähernd vergleichbar wäre. Die Ursache ist vielmehr in dem "Syndrom der Kriegs-Mentalität" (Günter 1994, S. 240) zu suchen, einem von Aufbruch, Erneuerung und Wachstum geprägten Denken.

Dabei prägte eine neue Rationalität der "Charta von Athen" (1941) die Leitbilder für den Wiederaufbau der Städte, die - militärischen Denkmustern vergleichbar - nun auch das zivile Leben erfassten: Einfachheit, eingeschränkte Ressourcen, (strategische) Übersicht, leichte Verfügbarkeit und Verwaltung, Funktionalität sowie effektive und effiziente Produktion.

Dieses aus damaliger Sicht gebotene, aus heutiger Einschätzung nicht mehr vertretbare Leitbild erhielt seit Ende der 1950er Jahre fortdauernde Unterstützung durch die Expansion des Autos und der damit einhergehenden Ideologisierung der Mobilität als Zeichen von Modernität.