Einführung

Die verschiedenen "Gesichter" der Emscher
Quelle: RVR Fotoarchiv, Kollage Autorenteam
Zu Beginn der Industrialisierung des Ruhrgebiets Mitte des 19. Jahrhunderts stellte sich diese Region vorwiegend als landwirtschaftlich geprägter Raum dar. Ein eher dörflich geprägtes Siedlungsgebilde war vorherrschend. Binnen kürzester Zeit entstand im Zuge der aufstrebenden Ruhrwirtschaft eine künstlich geschaffene industrielle Kulturlandschaft, in der vermehrt Verkehrs- und Siedlungsflächen benötigt und wertvolle naturnahe Freiräume auch innerhalb der Städte versiegelt wurden (Ganser 1997). Robert Schmidt, der Gründer des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk, fasste diese Entwicklung im Jahr 1912 so zusammen: "Vor allem fällt der Raum zwischen Ruhr und Emscher in machtvoller Breite und Länge auf. Stadt reiht sich an Großstadt, keine zusammenhängende Feldmark ist mehr vorhanden. Das ursprüngliche Grün der Natur, die Wälder sind im wesentlichen vernichtet" (zit. nach Ganser 1997, S. 13). Eine planerische Gegensteuerung dieses Freiraumverbrauchs durch den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk, den Kommunalverband Ruhrgebiet und den Regionalverband Ruhr erwies sich als außerordentlich schwierig und nur teilweise von Erfolg gekrönt. Mit der Realisierung des Emscher Landschaftsparks, die in den 1990er Jahren begann (vgl. Thema "Freiraum und Grünflächen"), zeichneten sich verstärkte Schritte zur Freiraumrückgewinnung ab. Damit eng verknüpft ist ein ökologischer Umbau des Emschersystems.

Im Laufe der Industrialisierung im Ruhrgebiet sind zahlreiche Flüsse und Bachläufe, darunter auch die Emscher, kanalisiert und begradigt worden. Dieser Eingriff in den Natur- und Wasserhaushalt soll nun durch Maßnahmen der Renaturierung wieder ausgeglichen werden. Dabei steht der Begriff Renaturierung für die Rückführung eines ausgebauten Gewässers in einen natürlichen bzw. naturnahen Zustand (Internet 1).

Das Thema Natur im Kontext der Stadterneuerung soll am Beispiel der Emscher-Renaturierung vorgestellt werden, darf darauf aber nicht reduziert werden: Zwar gehört das Emschersystem zu den prägenden Elementen des (städtischen) Lebensraums von etwa 2,5 Millionen Einwohnern (Stemplewski/Steinbach 2000, S. 286) und kann nur in einem etwa 20 Kilometer langen Abschnitt des Mittellaufes als "Ländliche Emscher" bezeichnet werden. Insofern kommt der Erneuerung des Emschersystems eine ganz zentrale und für das Ruhrgebiet spezifische Bedeutung im Zusammenspiel von Natur und Stadt zu.
Unterschiedliche Gewässerabschnitte im Verlauf der Emscher
Unterschiedliche Gewässerabschnitte im Verlauf der Emscher
Quelle: Emscher Masterplan, S. A5 (http://www.emscherzukunft.de/de/zukunft_der_emscher/masterplan/mp_inhaltsverzeichnis.php)
In einem erweiterten Sinn müssen auch manche Freiräume, (renaturierte) Industriebrachen (s. Thema "Industriekultur") und Grünflächen einbezogen werden, die an anderer Stelle bearbeitet werden (s. Themen "Freiraum und Grünflächen" sowie "Industriebrachen"). Interpretiert man das Thema nochmals weiter im Sinne stadtökologischer Probleme, so eröffnet sich hier ein ganzes Spektrum, das Fragen des Umweltschutzes unter anderem etwa Luftreinhaltung, Klimaschutz, (Regen-)Wassernutzung, Bodenaltlasten (s. Thema "Industriebrachen"), Bodenversiegelung, Flächenverbrauch und Abfall erfasst (vgl. hierzu Strehlau 2000, S. 277 - 285).

Ziel dieses Themas ist es, am Beispiel der Emscher vor dem Hintergrund der spezifischen Ausgangsbedingungen im Ruhrgebiet wesentliche Grundzüge einer Renaturierung aufzuzeigen. Der ökologische Umbau des Emschersystems stellte einen bedeutenden Baustein sowohl für die Arbeit der Emschergenossenschaft als auch für die Internationale Bauaustellung (IBA) dar.
Emscher-Umbau: Stand der Umsetzung in 2006
Quelle: Emscher Masterplan, S. G2 (http://www.emscherzukunft.de/de/zukunft_der_emscher/masterplan/mp_inhaltsverzeichnis.php)