Hochschulen und Forschungsstätten im Ruhrgebiet

Es ist weitgehend unbekannt, dass Duisburg eine der ältesten Universitätsstädte Deutschlands ist. Die Universität wurde bereits im Jahre 1655 mit den seinerzeit typischen vier Fakultäten Theologie, Philosophie, Jura und Medizin gegründet. Im Jahre 1818 wurde sie zu Gunsten der Universitäts-Neugründung in Bonn aufgelöst. Erst gut 150 Jahre später, im Jahre 1972, entstand in Duisburg wieder eine Universität.
Die Wissensregion Metropole Ruhr
Quelle: RVR 2007, Schulbuchinformationsdienst Ruhrgebiet Nr. 57
Die Hochschullandschaft entwickelte sich im Ruhrgebiet erst spät, denn die Landespolitik erkannte erst mit den einsetzenden montanindustriellen Krisen Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre die Notwendigkeit, den Anschluss an moderne technologische Entwicklungen, das heißt aber auch an gute und hoch qualifizierende Bildungseinrichtungen suchen zu müssen (KVR 2001a, S. 44f). Der in den unruhigen, nach Neuorientierung suchenden Aufbruchzeiten der 1960er Jahre ausgerufene "Bildungsnotstand" (1964) beschleunigte und unterstützte auch die neue Hochschulpolitik des Landes.

Als Konsequenz öffnete 1965 die erste Hochschule ihre Türen: die Ruhr-Universität Bochum. Weitere Hochschulen folgten in dichtem Abstand: 1968 Dortmund, 1972 Duisburg, 1972 Essen, 1975 die Fernuniversität Hagen und 1983 die Private Universität Witten/Herdecke. Ergänzt wurde diese regionale "Bildungsoffensive" durch fünf Fachhochschulgründungen vornehmlich in den frühen 1970er Jahren und die Einrichtung dezentraler Zweigstellen außerhalb des RVR-Gebietes in Bocholt (1998) sowie Recklinghausen (1999). Mit der Gründung der Fachhochschule Gelsenkirchen im Jahr 1993 hat dieser jahrzehntelang überfällige Innovationsschub seinen bisherigen Abschluss gefunden.

Modifikationen ergaben sich durch die Fusion der Essener und Duisburger Hochschulen zur Universität Duisburg-Essen (UDE) im Jahr 2003 und als profilbildende Maßnahme die Umbenennung der Dortmunder Hochschule zur Technischen Universität Dortmund (TU Dortmund) im Jahr 2007. Seit 2004 vertreten die drei Universitäten Essen, Bochum und Dortmund den Forschungsraum Ruhr zudem durch das Verbindungsbüro "Con-Ruhr" in New York in den Vereinigten Staaten. Ziel ist es, neue Partnerschaften mit US-amerikanischen Hochschulen in der Forschung, bei der Ausbildung des akademischen Nachwuchses und des Studierendenaustausches zu etablieren. Im Jahr 2007 haben sich die drei Hochschulen außerdem zur "Universitätsallianz Metropole Ruhr" zusammengeschlossen.

Heute hat sich im Ruhrgebiet mit fünf Universitäten und neun Fachhochschulen die dichteste Hochschulregion Europas entfaltet und weist etwa 155.258 Studierende (2007/2008) auf. Technologie-Transferstellen - sie fungieren als Vermittler zwischen Wissenschaft bzw. Forschung und der regionalen mittelständischen Wirtschaft - und zum Teil hochschulintegrierte Gründerzentren versuchen mit gutem Erfolg, den Entwicklungsstau auch im Bereich der wissensintensiven Unternehmensgründungen sowie der Prozess- und Produktinnovationen aufzuholen.

Daneben hat sich im Ruhrgebiet eine große Anzahl von Forschungsinstituten etabliert, darunter vier der Fraunhofer Gesellschaft, drei Max-Planck-Institute und vier Forschungseinrichtungen der Blauen Liste: das Deutsche Bergbau-Museum (DBM) in Bochum, das Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund (IfA), das Institut für Spektrochemie und angewandte Spektroskopie (ISAS) in Dortmund und das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen (KVR 2001a; S. 46 und Internet 20).

Im sog. Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen, eine 1988 gegründete Einrichtung im Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten des Landes NRW, finden sich neben dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie zwei Forschungsinstitute mit Sitz im Ruhrgebiet (Internet 21):

(a) Das Institut Arbeit und Technik (IAT) Gelsenkirchen hat sich zur Aufgabe gemacht, Zusammenhänge zwischen Beschäftigung und Innovation zu klären, konkrete Lösungen für eine Beschäftigungsentwicklung durch Innovation zu entwickeln und zu erproben sowie Möglichkeiten für eine nachhaltige Verbesserung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen und anderen relevanten Akteuren zu identifizieren (Internet 22).

(b) Das in Essen ansässige Kulturwissenschaftliche Institut (KWI) versteht sich als interdisziplinäres Forschungskolleg. Das Institut lädt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Fächer auf Zeit in sein Kollegium ein und dient so als Kristallisationskern für fachübergreifende Debatten und Forschungen auf dem Gebiet kulturwissenschaftlicher Grundsatzprobleme (Internet 19).

Knapp 60 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen (mit über 2000 wissenschaftlichen Mitarbeitern) - in Zusammenarbeit oder im Wettbewerb mit den Universitäten - runden das Spektrum einer innovatorischen, im Wesentlichen regionalwirtschaftlich orientierten Forschungsregion ab (Kessler 2001, S. 185; RVR 2007, o.S.).