Bevölkerungsverlust und stadtwirtschaftliche Folgeprobleme

Wirkungskreislauf Gelsenkirchen
Wirkungskreislauf Gelsenkirchen
Autorenteam nach Butzin 1987, S. 312
Der mit dem Bevölkerungsverlust der Kernstädte einhergehende Rückgang des verfügbaren Einkommens um 6 bis 7 Mrd. Euro in den nächsten 15 Jahren hat Auswirkungen auf Umfang und Qualität der haushaltsorientierten Dienstleistungen und auf die damit verbundenen Arbeitsplätze.

Dieser Wirkungszusammenhang kann - soweit quantifizierbar - am Beispiel Gelsenkirchens in den Jahren zwischen 1956 und 1984 dargelegt werden.
Ein erster Wirkungszusammenhang führte von den Arbeitsplatzverlusten zu Abwanderungen der betroffenen Familien (Mantelfaktor damals: etwa 2,5 Personen pro Arbeitsplatz) und damit zu entsprechenden Nachfrageeinbußen, Einkommens- und Kaufkraftverlusten. Auf der anderen Seite schlugen sich sinkende Einnahmen (Steuern, Finanzzuweisungen) in Verlusten der kommunalen Kassen nieder, das bei wachsenden Sozialleistungen verminderte infrastrukturelle (Erneuerungs-)Investitionen zur Folge hatten. Schulen, Kindergärten, Freizeitanlagen wie Frei- und Hallenbäder wurden "zurückgebaut" oder geschlossen. Unzureichende Ganztagsbetreuung erschwert zudem die Arbeitsaufnahme Alleinerziehender.

Die alters- und qualifikationsspezifischen Abwanderungen führten über längere Zeit nicht nur zu den skizzierten Überalterungsprozessen und überdurchschnittlich sinkenden Geburtenraten, sondern auch zur Dequalifikation des lokalen Arbeitsmarktes. Standortprobleme gerade für innovative Unternehmen nahmen zu und wurden durch ein sich festigendes Negativimage verstärkt.

Mit den spezifischen Standortproblemen für innovative Unternehmen, Geschäfte des Einzelhandels und haushaltsorientierte Dienstleistungen, Gefährdung und Abbau kommunaler Infrastruktureinrichtungen entsteht nun ein weiterer Wirkungszusammenhang, der Zentralitätsverluste, zunehmendes soziales Konfliktpotenzial, Auflösung lokaler Identität und Bindungspotenziale auslöst. Abwanderungsdruck und der Abbau weiterer Arbeitsplätze nehmen zu, der Kreislauf schließt sich.