Innovationen: Walzwerk, Dampfmaschine und Dampflok

Adolph Menzel, Eisenwalzwerk, 1872 - 1875
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie
Auf der Basis der in rascher Folge entwickelten innovativen Verfahren und Maschinen entstand zwischen Kohle und Stahl eine erste, sich selbst verstärkende Wachstumsdynamik. In diese Zeit fielen die entscheidenden metallurgischen Innovationen. Die Ablösung des Puddel- durch das Bessemer-Verfahren (1862) und weiter in den 1870er Jahren durch das Siemens-Martin- und danach das Thomas-Verfahren (s. Thema "Eisen und Stahl"). Sie ermöglichten eine rationellere und billigere Erschmelzung von Stahl, wobei zugleich erheblich größere Mengen pro Schmelzvorgang erzielt werden konnten.
Dampffördermaschine von Friedrich Wilhelm Harkort, 1839
Quelle: Deutsches Bergbau-Museum/Montanhistorisches Dokumentationszentrum
Der Stahlformguss erlaubte seit 1850 den Stahl in unterschiedlichste Formen zu gießen. Die Walzeisentechnik war Voraussetzung für die Herstellung von Blechen und damit für den Maschinenbau. Weder die Dampfmaschinen selbst noch Lokomotiven, Wagen, bergbauliche Bohr-, Pump- und Förder-Einrichtungen, Schiffs- und Brückenbau kamen ohne Stahlbleche aus. 1849 wurden "in den Rheinlanden und Westfalen" etwa 650 Dampfmaschinen gezählt, 1871 dagegen bereits fast 12.000 (Schlieper 1986, S. 42).
Wie konnte aber in derartig kurzer Zeit im Ruhrgebiet das ingenieurtechnische Know-how gewonnen werden? Neben und zeitlich vor der eigenen Ingenieurskunst standen gerade am Anfang dieser innovativen Basistechnologie zwei entscheidende Faktoren: Der Technologietransfer durch Industriespionage und die Anwerbung ausländischer Experten für die Ausbildung der eigenen Fachkräfte. Allerdings förderten auch Lizenzerwerb und Industriemessen die Ausbreitung des Know-hows.
Freiherr vom Stein, in den 1780er Jahren Direktor der westfälischen Bergämter, hatte die Notwendigkeit des Technologietransfers schon frühzeitig erkannt. Er reiste im Jahr 1786 eigens nach England, um mit James Watt über die Konstruktionspläne der ersten Dampfmaschine zu verhandeln. Nachdem er ohne Erfolg zurückgekommen war, "kam die Stunde der Späher und Kopierer. 1799 wurde die erste Watt-Dampfmaschine importiert, schon fünf Jahre später arbeitete im Ruhrgebiet das erste Plagiat. (...) Der Oberhausener Ingenieur Kesten machte sich (...) um 1850 auf den Weg ins Vereinigte Königreich. Dort besuchte er Fabriken, machte Notizen und fertigte Zeichnungen. Die zur Gutehoffnungshütte gehörende Firma 'Lokbau Sterkrade' begann darauf als eine der ersten Betriebe in Deutschland mit der Produktion von Plagiat-Lokomotiven" (Weber 2002, S. 22).